Der innere Krieg: Zwischen einschränkender Sicherheit und dem Wunsch nach Leben
Menschen mit einer Essstörung beschreiben oft einen tiefen inneren Konflikt – einen ständigen Kampf zwischen zwei gegensätzlichen Anteilen.
Beide ziehen in unterschiedliche Richtungen, und doch haben sie das gleiche Ziel: Sie wollen schützen.
Den Schmerz lindern. Sicherheit schaffen. Kontrolle bewahren.
Doch auf sehr unterschiedliche Weise.
Zwei Seiten, unterschiedlicher könnten sie nicht sein und doch haben sie das gleiche Ziel
Der kranke Anteil ist die Stimme der Essstörung
- Er versucht Ordnung zu schaffen, wo Chaos war.
- Kontrolle, wo Hilflosigkeit war.
- Er will verhindern, dass du fühlst was einst schmerzhaft war.
- Er vermittelt das Gefühl endlich gebraucht zu werden - und gleichzeitig nimmt er alles, was Lebendigkeit ausmacht.
Der gesunde Anteil ist der Weg zur Heilung
Der gesunde Anteil ist leiser, oft wird er von der Lautstärke und dem Lärm des kranken Anteils überspielt und ist schwerer zu hören. Doch er meldet sich immer wieder flüsternd, hoffnungsvoll und mitfühlend.
- Er steht für die eigene Lebensenergie Hoffnung und Selbstmitgefühl.
- Er glaubt an Heilung - auch wenn der Weg dorthin schmerzhaft ist.
- Er erinnert dich daran, dass du mehr bist als deine Essstörung.
- Er erinnert, dass du nicht perfekt und dünn sein musst, um genug zu sein.
Oft braucht es Zeit, bis dieser Anteil stärker wird. Jedoch weiss er eigentlich ganz genau was richtig und was falsch ist, aber es braucht Übung und Vertrauen bis der gesunde Anteil das Zepter übernehmen kann.
Heilung bedeutet nicht, den kranken Anteil zu vernichten, sondern ihn zu verstehen
Wenn wir erkennen: Er ist nicht unser Feind, sondern ein Teil von uns, der damals helfen wollte.
Es ist wichtig beiden Anteilen Raum zu geben, ihre Botschaften zu hören und sie gleichzeitig zu geordneten, gesunden Handlungen zu lenken.
Der kranke Anteil darf existieren, aber er muss nicht mehr bestimmen.
Die gesunde Seite kann antworten, Grenzen setzen und neue Wege zeigen.
Auf diesem Weg lernen wir:
- Die kranken Gedanken zu erkennen, zu benennen und zuzuordnen
- Mit ihnen umzugehen, ohne ihnen blind zu folgen
- Die Stimme der gesunden Seite zu stärken, ihr zu vertrauen und sie wachsen zu lassen
Heilung bedeutet nicht Perfektion.
Heilung bedeutet, mit allen Teilen von uns in Verbindung zu sein, ihnen zuzuhören und sich selbst mit Mitgefühl zu begegnen.
Ein persönlicher Gedanke
Heute gehe ich wohlwollend mit beiden Arten von Gedanke um. Beide sind auf ihre Weise valide und tragen eine Bedeutung. Natürlich empfinde ich die gesunden Gedanken als angenehmer, aber auch die kranken Gedanken dürfen da sein - ich erkenne sie, benenne sie, und schreibe sie der Essstörung zu. Dann lasse ich meine gesunde Seite antworten. Ich vertraue darauf, dass sie mich führt, mich schützt und mich unterstützt.
Manchmal tröste ich die kranken Gedanken, weil ich weiß, dass sie früher eine Funktion hatten.
Sie wollten mich schützen – auf ihre Weise.
Ich gebe ihnen zu spüren, dass ich sie heute nicht mehr brauche und dass es okay ist, wenn ich mich gegen sie entscheide.
Ich lerne, mit den Stimmen der Essstörung zu leben, ohne ihnen zu folgen.
Doch tief in mir bleibt die Hoffnung, dass es eines Tages still wird –
dass nur noch meine eigene, gesunde Stimme spricht.
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