Je lauter die essgestörte Seite schreit, je besser die Entscheidung
Es gibt Momente, in denen der innere Lärm kaum auszuhalten ist. Wenn die Gedanken um Essen, Kalorien, Kontrolle und Bewegung so laut werden, dass alles andere verstummt. Die Essstörung tobt und schreit und alles in einem sagt: „Tu es nicht! Du wirst es bereuen!"
Doch genau in diesen Momenten liegt oft die Wahrheit. Denn lauter die Essstörung schreit, desto besser ist meist die getroffene Entscheidung. Die Essstörung fühlt sich in ihrer Existenz bedroht und man bricht deren "Regeln".
Der Innere Kampf
Die Essstörung will dich schützen, dir Sicherheit vermitteln. Sie flüstert die ein, dass du nur mit ihr zusammen stark, diszipliniert und "gut genug" bist. Doch in Wahrheit wird sie laut, wenn du beginnst ihr die Macht zu nehmen, sie zu übergehen und ihr weniger Raum zu geben.
„Wenn die Essstörung laut wird, bedeutet das nicht, dass du schwach bist – sondern dass du gerade etwas tust, was sie fürchtet.“
Sie wird laut, wenn du dich entscheidest zu essen, zu ruhen, zu geniessen und zu leben. Denn jede Entscheidung die du für ein Leben in Freiheit triffst, ist eine Entscheidung gegen die Essstörung
Wichtig zu erkennen ist dabei, dass die Entscheidung bei dir selbst liegt. Du musst wollen - und du kannst dich aktiv gegen die Krankheit entscheiden, indem du Dinge tust, die ihr komplett widerstehen. Denn Entscheidungen sind nur nachhaltig, wenn man selbst dahinterstehen kann. Du musst nicht zu 100% dahinter stehen, denn das ist gerade zu Beginn des Kampfs noch schwierig. Aber jeden Tag, an dem du ein kleines Stück mehr für dich statt für die Krankheit entscheidest, wirst du stärker und dein Vertrauen, dein Mut und deine gesunde Seite wachsen Schritt für Schritt - bis sie irgendwann die Essstörung übertönt.
Laut bedeutet nicht falsch
Wenn du eine Mahlzeit nicht kompensierst
Wenn du aufhörst zu zählen, zu messen, zu kontrollieren
Dann wird es laut, es kommen Angst, Zweifel, das Gefühl von Kontrollverlust auf und die Stimme der kranken Seite, die dich zurückziehen will.
Doch was, wenn man die Lautstärke der Stimme nicht aushalten kann?
Wenn der Lärm unaushaltbar wird, ist es wichtig dass man sich zu helfen weisst. Hierfür eignen sich Skills (klicke hier um zum Post über Skills zu kommen), mit dem Umfeld über Aussagen der Stimme zu sprechen, um eine objektive Meinung zu den Gedanken zu halten. Die Aussagen der Essstörung aufschreiben und sich dann gesunde Gegengiftsätze (klicke hier um zum Post über Gegengiftsätze zu kommen) zu überlegen und diese daneben zu schreiben. Folgende Sätze können zusätzlich unterstützend sein:
- Ich bin nicht rückfällig, ich bin mutig
- Die Lautstärke ist der Beweis, dass ich kämpfe
- Der Lärm ist Zeichen dafür, dass ich mich verändere und lebe
- Ich hole mir meine Freiheit zurück, der Lärm gehört zum Weg ans Ziel
- Je lauter die essgestörte Seite gerade schreit, desto besser ist die Entscheidung, die ich gerade treffe
Du entscheidest
Meine eigenen Learnings
Mit der Zeit habe ich gelernt, meine Kraft bewusst einzuteilen - um der Essstörung immer wieder entgegentreten zu können.
Ich weiß heute, dass ich ihre Grenzen Stück für Stück austesten und erweitern kann.
So hole ich mir langsam, aber stetig, mein Leben und meine Freiheit zurück.
Ich weiß aber auch, dass dieser Kampf nicht morgen vorbei sein wird.
Und genau deshalb ist es so wichtig, die eigene Energie gut einzuteilen.
Es bringt nichts, an einem Tag „All-In“ zu gehen, nur um am nächsten Tag der Essstörung nicht mehr standhalten zu können und wieder ihren Anweisungen zu folgen.
Es darf auch schwere Tage geben, an denen Dinge nicht so laufen wie sie sollten - wichtig ist zu wissen, dass auch diese Tage dazu gehören und dass sie ein Ende haben.
~ Heilung ist nicht Linear ~
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